Veni
Creator Spiritus – Komm Heiliger Geist Ein Anruf des Schöpferischen und: eines ganz anderen
Schöpferischen, zu Pfingsten, ohne Pater omnipotens lautet, in der Hymne des
Hrabanus Maurus: Veni creator spiritus
(so wurde er von Mahler bezeichnenderweise seiner achten als der
Faustsinfonie vorgelegt, zugrunde gelegt). Die ursprünglich himmlische Kategorie des
Creatorischen ist zwar durchaus darin geblieben, und sie wird auch nicht von
der einzig übrig bleibenden, obzwar konträren Kategorie des Salvatorischen getrennt. Vielmehr fällt
hier gerade im Creatorischen der Deus selber weg: was immer wahrhaft schöpferisch ist, hat als
Subjekt den spiritus intus docens, den in uns sich ausgießenden ‑
heiligen Geist. Gegenwärtig gesprochen: das unendlich
Große eines schaffenden Anfangs
verliert sich mit dem futurischen Veni creator spiritus ins unendlich Kleine eines lediglich
bedürftigen, lediglich beginnenden Anfangs. Und er ist nicht ein für allemal
prämundial als mythische Generalschöpfung, von der her es nur noch das
ausgeschiedene, fertig Gewordene gibt. Vielmehr: das X des Anfangs ist dann,
gleich diesem selber, überhaupt noch nicht geschehen, zieht noch durchaus
unherausgebracht, unobjektiviert durch das rein zuständige Dunkel jedes
Augenblicks, als dieses Nicbt‑Da
von Augenblick, durch den Gang der Welt. Das Treibende zu und in diesem
Prozessgang als wirklicher »Evolution« eines sich selber noch verhüllten Ur‑Anlaß‑Moments
zum Weltprozess und seinen Experimentgestalten ist eben dieses sich suchende,
noch nie bisher objektivierte Alpha in allem selber. Im Menschen und seiner Geschichte gelangt es an die
entscheidende, die zum Nichts wie zum, Alles, zur Vereitlung wie zur Erfüllung
noch offene Front de s Experimentum rnundi, der Welt insgesamt als eines höchst
laborierenden Laboratorium possibilis salutis. Das Unterwegs wie erst recht das
Ende aber steht, statt' irgendwo bereits abgeschlossen zu sein, wie etwa im
Astralmythos und den ihm verwandten »ewigen, ehernen Gesetzen«,noch in dem
riesigen Topos der Offenheit nach vorn, dem riesigen Zukunftstopos noch
geltender objektiv‑realer Möglichkeit von Geburten, Ausgestaltungen,
probenden Erfüllungen. Eben im Zukunftstopos des in jedem Augenblick, in seinem
sich noch völlig unmittelbaren, unvermittelten, unobjektivierten,
unmanifestierten jetzt und Hier fortlaufenden X des Anfangs. Und darin allein,
in dieser nächsten Nähe und immanentesten Immanenz ist darum auch das Mysterium
dessen verborgen, sich selbst verborgen, dass es überhaupt eine Welt gibt, wozu
und zu welchem Ende es sie gibt. So steht dies Daseinsrätsel mitsamt seiner
-Lösung‑ , der noch nicht gelungenen, am wenigsten in einer fernen
prämundanen, supramundanen Transzendenz hoch droben; es gärt einzig im
Ungefundenen des Augenblicks, genau als der noch immanentesten Immanenz. Ihr
Nichtwissen um sich ist der wahre Trieb‑Grund zur Erscheinung dieser Welt
und ist gerade die Qual, das Quellen, die noch allzeit utopisch geladene
Qualität ihrer Materie. Mit der wahren Welt gerade als noch ungeschaffener, im Neuen wesender, ‑ zu gänzlichern
Unterschied also von der gänzlich antiquarischen Mythologie eines Deus Creator
am besonders hochvollendeten Anfang. Konträr: »Die wirkliche Genesis ist nicht
am Anfang, sondern am Ende«, und erst an dem uns endlich adäquat informierten,
realisierten Wohin und Wozu beginnt auch ihr Woher sich zu, lichten, ins Ziel
zu kommen. »So entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint
und worin noch niemand war: Heimat« (Das Prinzip Hoffnung, 1959, S. 1628). ‑Item, creatio est exodus, non est restitutio in integrum. Am Sonntag vor dem
Pfingsttag wird als Evangelium das Hohepriesterliche Gebet Jesu verkündet, Die
anschließende Woche wird als Quartemberwoche gehalten; gemäss dem Gebet des
Herrn wird in dieser Woche besonders um die Einheit der Kirche gebetet. Nach dem Beispiel der Apostel und der Frauen betet die Kirche in den
Tagen zwischen Himmelfahrt und Pfingsten um den Heiligen Geist, der Kraft und
Mut zum Zeugnis für Christus, den Auferstandenen, schenkt. Er allein bringt der
Kirche Einheit und brüderliche Gemeinschaft. Diese Pfingstnovene hat viele der
schönen Gebete und Gesänge übernommen, die früher in der Woche nach Pfingsten
standen. Das Gebet um den Heiligen Geist und seine Gaben ist heute eine
besonders dringliche Aufgabe. Der Pfingsttag schliesst als der fünfzigste Tag
die Osterzeit ab und öffnet zugleich das Tor in den Kreis des Jahres und in den
Alltag der Christen, damit auch dieser vom Geist des Herrn geprägt ist. O MILDER HERRE CHRIST ! Allmächtiger, zu dir redet mein Gemüt, zu dir meines
Herzens tiefste Not. Was meine Zunge, meine Hand und meine Lippen beten, was
ein zerknirschtes Herz, ein redlich Tun, ein heiliges Wollen, es ist dein: dein
Lob, dein Lied, o milder Herre Christ. Dir huldigt, Herr, zerknirscht und fröhlich doch, mein ganzes Sein und spricht, vor deinem Kreuze
hingeworfen: Lass deines Frühlings Knospe, deines Altars Gabe, lass dies Herz
dich lieben! Nur diesen Brand entfach, nur diese Inbrunst schüre meine Seele,
nur dies lass Durst und Hunger und unnennbare Sehnsucht mir sein ‑ nur
dies, daß du mich mild empfängst, mich armen Knecht, der sich zum Opfer ganz
dir geweiht: dir, guter Jesus. Rhabanus Maurus, ca. 78o‑856, HYMNE AN DEN HEILIGEN GEIST
Komm Heiliger Geist, du Schaffender
Komm, deine Seelen suche heim; Mit Gnadenfülle segne sie, Die Brust, die du geschaffen hast! Du heißest Tröster, Paraklet, Des höchsten Gottes Hochgeschenk, Lebend'ger Quell und Liebesglut Und Salbung heiliger Geisteskraft. Du siebenfaltiger Gabenschatz, Du Finger Gottes rechter Hand, Von ihm versprochen und geschickt, Der Kehle Stimm' und Rede gibst. Den Sinnen zünde Lichter an, Dem Herzen frohe Mutigkeit, Dass wir im Körper Wandelnden' Bereit zum Handeln sei'n, zum Kampf! Den feind bedränge, treib ihn fort, Dass uns des
Friedens wir
erfreun Und so an deiner Führerhand Dem Schaden überall entgehn! Vorn Vater uns Erkenntnis gib, Erkenntnis auch vom Sohn zugleich, Uns, die dem beiderseit'gen Geist Zu allen Zeiten gläubig flehn! Darum sei Gott dein Vater Preis Dem Sohne, der vom Tod erstand, Dem Paraklet, dem wirkenden, Von Ewigkeit zu Ewigkeit! |